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Experteninterview: Hilfe, mein Kind verweigert den Schulbesuch

Gemeinsam einen Weg finden

Johanna Spremberg ist Sozialpädagogin bei der ausblick hamburg gGmbH im Beschulungsangebot MäiBi - Mädchen in Bildung. Im Interview erzählt sie, wann man von Schulabsentismus spricht, welche Folgen sich daraus ergeben und wie wichtig es ist, als Familie zusammenzuhalten.

Porträtbild von Johanna Spremberg

Johanna Spremberg:

Sozialpädagogin

planet-beruf.de: Frau Spremberg, können Sie erklären, was Schulabsentismus bedeutet?

Johanna Spremberg: Grundsätzlich spricht man von Schulabsentismus, wenn ein unentschuldigtes Fehlen vom Unterricht über einen längeren Zeitraum vorliegt. Es gibt zwei Formen: Den angstbedingten Absentismus, bei dem die Schülerinnen und Schüler Ängste vor der Schulsituation entwickeln, zum Beispiel vor einer bestimmten Lehrkraft oder vor schlechten Noten. Manchmal spielen auch soziale Ängste eine Rolle. Dann gibt es den nicht angstbedingten Absentismus, bei dem sich das Kind lieber anderen Tätigkeiten als der Schule widmet, also schwänzt. Das hat häufig damit zu tun, dass die Eltern ihr Kind nicht genügend im Blick haben und nicht wissen, was es tagsüber tut.

planet-beruf.de: Welche Folgen ergeben sich für betroffene Schülerinnen und Schüler?

Johanna Spremberg: Zunächst fühlen sich betroffene Jugendliche oft nicht mehr zugehörig, sowohl im schulischen als auch im familiären Umfeld, da sie negativ auffallen. Häufig machen sie die Probleme mit sich selbst aus, anstatt mit jemandem darüber zu sprechen und ziehen sich innerlich zurück. Auf lange Sicht besteht das Risiko, dass die Jugendlichen den Anschluss verlieren und den Weg zurück ins Schulsystem nicht mehr finden. Dann haben sie keinen Abschluss und somit geringere Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden.

planet-beruf.de: Wie können Eltern die verschiedenen Formen von Schulabsentismus erkennen?

Johanna Spremberg: Bei angstbedingtem Absentismus sind Schülerinnen und Schüler häufig von verschiedenen körperlichen Symptomen betroffen, zum Beispiel Bauchschmerzen, Übelkeit oder Schlafstörungen. Aufgrund dieser Symptome melden sich Jugendliche untertags oft von der Schule ab. Depressive Verstimmungen, zum Beispiel in Form von Antriebslosigkeit oder Traurigkeit, können auch Warnsignale sein. Beim nicht angstbedingten Absentismus sind die Warnsignale deutlicher. Die Schülerinnen und Schüler stören beispielsweise den Unterricht oder halten sich nicht an Regeln. Das führt meistens dazu, dass Eltern von der Lehrkraft darauf angesprochen werden.

"Eltern sollten versuchen, einen Überblick darüber zu haben, was in der Schule passiert."

(Johanna Spremberg)

planet-beruf.de: Was können Eltern tun, um der Schulverweigerung ihres Kindes entgegenzuwirken?

Johanna Spremberg: Ich rate Eltern, genau hinzuschauen, um Warnsignale rechtzeitig zu erkennen. Sie sollten das Gespräch mit ihrem Kind suchen und das in einer wertschätzenden Art und Weise. Eltern sollten versuchen, einen Überblick darüber zu haben, was in der Schule passiert. Zum Beispiel indem sie ihrem Kind Fragen stellen, wie "Was habt ihr heute im Unterricht durchgenommen?“ oder "Wie waren die Pausen?“. Der tägliche Austausch ist wichtig. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, regelmäßig mit Lehrkräften zu sprechen oder einen Elternstammtisch zu organisieren.

planet-beruf.de: Welche Beratungsstellen gibt es für Eltern in schwierigen Fällen?

Johanna Spremberg: Wenn für Eltern der Zugang zu ihrem Kind schwierig ist, können sie beispielsweise Hilfe bei Erziehungsberatungsstellen oder bei den regionalen Bildungs- und Beratungszentren suchen. Auch ein Gespräch beim Jugendamt ist möglich.

planet-beruf.de: Gibt es noch weitere Tipps, die Sie Eltern an die Hand geben können?

Johanna Spremberg: Ganz wichtig ist es, dass Eltern mit ihren Kindern in Verbindung bleiben und ihnen keine Vorwürfe machen. Sie sollten ihnen deutlich machen, dass sie es gemeinsam schaffen werden, damit das Kind weiß, dass es nicht allein ist.

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